Ich möchte Ihnen im Namen der Bevölkerung der
Vereinigten Staaten, die viele tausend Kilometer von Ihnen entfernt
lebt, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, daß meine
amerikanischen Mitbürger stolz, sehr stolz darauf sind, mit Ihnen
zusammen selbst aus der Entfernung die Geschichte der letzten 18 Jahre
teilen zu können. Denn ich weiß nicht, daß jemals eine Stadt 18 Jahre
lang belagert wurde und dennoch lebt in ungebrochener Vitalität, mit
unerschütterlicher Hoffnung, mit der gleichen Stärke und mit der
gleichen Entschlossenheit wie heute West-Berlin.
Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für das
Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses
Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich;
denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt
nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit
ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der
Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt
auseinandergehalten, die zusammen leben wollen.
Was von Berlin gilt, gilt von Deutschland: Ein echter Friede in Europa
kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das
Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In 18 Jahren Frieden
und der erprobten Verläßlichkeit hat diese Generation der Deutschen
sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die
Familien und die Nation in dauerhaftem Frieden wiedervereinigt zu
sehen, in gutem Willen gegen jedermann.
Sie leben auf einer verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr Leben ist
mit dem des Festlandes verbunden, und deshalb fordere ich Sie zum
Schluß auf, den Blick über die Gefahren des Heute hinweg auf die
Hoffnung des Morgen zu richten, über die Freiheit dieser Stadt Berlin
und über die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der
Freiheit überall in der Welt, über die Mauer hinweg auf den Tag des
Friedens mit Gerechtigkeit. Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch
nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei. Aber wenn der Tag
gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und
Ihr Land wieder vereint sind, wenn Europa geeint ist und Bestandteil
eines friedvollen und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteiles,
dann, wenn dieser Tag gekommen sein wird, können Sie mit Befriedigung
von sich sagen, daß die Berliner und diese Stadt Berlin 20 Jahre die
Front gehalten haben.
Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser
Stadt West-Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf,
sagen zu können: Ich bin ein Berliner."