Nuklearwaffen sind wie alle Waffen nach dem Holzknüppel unangenehme Nebenerscheinungen der Zivilisation.

Es bestehen bereits zahlreiche multilaterale und bilaterale Verträge, die eine Weiter­gabe von Nuklearwaffen verbieten, Nuklearwaffentests einschränken oder verbieten, die Stationierung von Nuklearwaffen verbieten, nuklearwaffenfreie Zonen schaffen, den Umfang der nuklearen Bewaffnung beschränken oder den Ausbruch eines Nuklearkriegs verhüten sollen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich gemäß Artikel I des Protokolls Nr. III zum Brüsseler Vertrag (WEU-Vertrag) vom 23. Oktober 1954 verpflichtet, in ihrem Gebiet keine Nuklearwaffen herzustellen.  Sie hat sich in dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 verpflichtet, Nuklearwaffen und sonstige Nuklearsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Nuklearwaffen oder sonstige Nuklearsprengkörper weder herzustellen, noch sonstwie zu erproben und keine Unterstützung zur Herstellung solcher Waffen zu gewähren oder anzunehmen. Dieser Verzicht wurde im 2+4-Vertrag vom 12. September 1990 mit Wirkung für das vereinte Deutschland bekräftigt. Das deutsche Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KWKG) bedroht Zuwiderhandlungen mit Strafe, soweit es sich nicht um Nuklearwaffen handelt, die der Verfügungsgewalt von NATO-Mitgliedstaaten unterstehen oder in deren Auftrag entwickelt oder hergestellt werden.

Die Bestimmungen des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen beeinflussen, regeln oder verbieten nicht den Einsatz von Nuklearwaffen. Die vom I. Zusatzprotokoll eingeführten Regeln sind in der Absicht aufgestellt worden, nur auf konventionelle Waffen Anwendung zu finden, unbeschadet sonstiger, für andere Waffenarten anwendbarer Regeln des Völkerrechts. Dieses Verständnis des I. Zusatzprotokolls haben Deutschland (Bekanntmachung des Auswärtigen Amts über das Inkrafttreten der Zusatzprotokolle I und II zu den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949 vom 30.07.1991 [BGBl. 1991 II 968]) und andere Staaten, darunter Kanada (BGBl. 1991 II 984) und das Vereinigte Königreich (BGBl. 1999 II 599) auch bei der Ratifikation des I. Zusatzprotokolls zum Ausdruck gebracht.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat in einem Gutachten für die VN-Generalversammlung vom 8. Juli 1996 ausgeführt, das geltende Völkerrecht enthalte weder ausdrückliche Bestimmungen, welche die Drohung mit oder den Einsatz von Nuklearwaffen absolut verböten, noch lasse sich ein solches Verbot aus dem derzeitigen Vertrags- und Gewohnheitsrecht herleiten.

Ferner wies der Gerichtshof darauf hin, das geltende Völkerrecht enthalte auch keine ausdrückliche Ermächtigung zur Drohung mit oder zum Einsatz von Nuklearwaffen. Das Völkerrecht mache die Rechtmäßigkeit der Drohung mit oder des Einsatzes von Nuklearwaffen - wie bei anderen Waffen - auch nicht von der Existenz einer besonderen Ermächtigung abhängig. Die Staatenpraxis belege, dass sich die Rechtswidrigkeit des Gebrauchs bestimmter Waffen nicht mit dem Fehlen einer besonderen Ermächtigung begründen lasse, sondern vielmehr mit Bestimmungen über das Verbot bestimmter Waffen. 

Der Internationale Gerichtshof hat in seinem Gutachten erläutert, das tatsächliche Verhalten der derzeit über Nuklearwaffen verfügenden Staaten belege gegenwärtig keine allgemeine Übung und Rechtsüberzeugung dahin, dass es kraft allgemeinen Völkerrechts untersagt sei, Nuklearwaffen zu Verteidigungszwecken bereitzuhalten.

Nach dem Gutachten vom 8. Juli 1996 sind die Drohung mit oder der Einsatz von Nuklearwaffen völkerrechtswidrig, wenn sie nicht allen Anforderungen des Selbstverteidigungsrechts (Art. 51 VN-Charta) genügen und gegen das Gewaltverbot (Art. 2 Nr. 4 VN-Charta) verstoßen.  In jedem Fall aber müsse die Drohung mit oder der Einsatz von Nuklearwaffen mit den Erfordernissen des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts in Einklang stehen, insbesondere den Prinzipien und Regeln des Humanitären Völkerrechts sowie den besonderen Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Abkommen, die ausdrücklich Nuklearwaffen zum Gegenstand haben. Der Internationale Gerichtshof konnte keine abschließende Entscheidung darüber finden, ob die Drohung mit oder der Einsatz von Nuklearwaffen in einer extremen Selbstverteidigungssituation, in der gleichsam die Existenz des Staates auf dem Spiel steht, rechtmäßig oder unrechtmäßig sei.

Etwas anderes auszuführen verbot dem IGH bereits die Vernunft, denn seine angekratzte Akzeptanz wäre durch realitätsblinde Ansichten, die sich bei keiner Großmacht durchsetzen können, nicht gerade gefördert worden. Durchaus brauchbarer als das IGH-Gutachten ist die SEPARATE OPINION OF JUDGE Carl-August FLEISCHHAUER.